Die Geschichte der "Donnerbüchsen"

Nachkriegsentwicklung

Bei der DB erhielten ab den 50er Jahren ein Teil der eisernen Wagen (ab Bauart 1926) Polstersitzbänke, wie sie auch zeitgleich in die dreiachsigen Umbauwagen (3yg-Bauarten) eingebaut wurden. Die so umgebauten Wagen erhielten das Nebengattungszeichen "w" für Weichpolster.

 

Bei der Klassenreform 1956 (Abschaffung der 3. Klasse) wurde die bisherige 3. Klasse zur 2. und die bisherige 2. Klasse zur 1. Klasse aufgewertet. Die Gattungsbezeichnungen wurden analog geändert, so wurden z.B. die Bi-29 jetzt als Ai bezeichnet. Die große Anzahl der 3yg-Wagen in den 50er Jahren führte zu einem Überbestand an Ai-Wagen, so daß einige von ihnen zu Biw umgebaut wurden. Weitere Ai wurden ohne Umbau einfach nur umgezeichnet.

 

Um sie mit den ehmaligen Wehrmachtsdieselloks V 20 und V 36, die keine Zugheizung besaßen, einsetzen zu können, wurden ab 1951 einige BCi- und Ci-Wagen umgebaut, indem sie eine Warmwasserheizung erhielten. Hierbei entfiel einer der beiden Aborte. Die bis 1953 umgebauten Wagen erhielten dabei den weinroten Triebwagenanstrich und wurden teilweise auch als Triebwagen-Beiwagen z.B. hinter ETA 150 oder VT 98 eingesetzt.

 

Ab 1951 wurden auch Ci-Wagen zu Wendezug-Befehlswagen (manchmal auch irrtümlich "Steuerwagen" genannt) für dampflokbespannte Wendezüge umgebaut. Diese Wagen erhielten an einem Ende einen Führerstand und meist auch ein Gepäckabteil. Die neue Gattungsbezeichnung lautete nun CPwif bei den Wagen mit Gepäckabteil bzw. Cif bei den Wagen ohne Gepäckabteil. Die Wagen sind keine Steuerwagen im heutigen Sinne, bei denen die schiebende Lokomotive vom Steuerwagen aus bedient wird. Statt dessen übermittelte der Lokführer im Befehlswagen die Fahrbefehle mit einer Apparatur, ähnlich den Maschinentelegrafen auf Schiffen, an den Heizer auf der Lok. Auf der Lok musste das Gegenstück zu dieser Apparatur installiert sein. Der Heizer mußte eine Reglerberechtigung besitzen und alle Befehle entsprechend bestätigen. Jedoch konnte der Zug vom Befehlswagen aus gebremst werden sowie der Regler der Lok im Notfall geschlossen werden. Die "normalen" Wagen für die Wendezüge wurden zu Wendezugwagen umgebaut (= Einbau der Steuerleitungen), dies wurde durch ein zusätzliches "b" in der Gattungsbezeichnung deutlich gemacht (z.B. Bib).

 

Anfang der 60er Jahre bestand bei der DB ein größerer Bedarf an Güterzugpackwagen (Pwgs). Denn zum einen waren die meisten Länderbahn-Packwagen schon am Ende der Nutzungsdauer angelangt und auch mit ihrer relativ geringen Höchstgeschwindigkeit von 60-65 km/h nicht mehr in den immer schneller fahrenden Güterzügen einsetzbar. Zum anderen war ein Großteil der Packwagen der Kriegsbauart (Pwghs 44) wegen starker Korrosionsschäden am Stahlgerippe unbrauchbar geworden, und eine Reparatur erschien nicht mehr lohnenswert. Weiterhin gab es zwar in ca. 750 Tendern der Dampfloks der BR 50 Kabinen für die Zugführer, diese waren aber nicht sehr beliebt, da sie sehr unkomfortabel (Dreck, Zugluft, Kälte, Enge...) waren.
Der verbliebene Bestand an Güterzugpackwagen der Bauarten Pwgs 41 (Einheitsbauart) und Pwghs 54 (Neubauwagen auf Güterwagenbasis) reichte nicht mehr aus, so dass die DB ab 1964 ca. 410 Wagen (Stand: Ende 1965) der im Reisezugdienst entbehrlich gewordenen Wagen verschiedener Bauarten (bekannt sind Cid-27, Ci-28/29/30 usw.) zu Güterzuggepäckwagen umbaute.
Für diesen Umbau wurden Wagen gewählt, die im Reisezugdienst überzählig geworden waren, die aber noch Fristen hatten. Die Wagen sollten dann noch so lange eingesetzt werden, wie es die gültgen Fristen erlaubten. Die Wagen behielten ihre Wagennummer, dahinter wurde dann noch ein kleines "x" eingefügt. Als Gattungsbezeichnung wurde Pwghs angeschrieben. Die Wagen bekamen an den Seitenwänden den großen Schriftzug "Güterzug - Gepäckwagen", der links und rechts vom DB-Keks angebracht wurde. Im Wageninneren erfolgten keine größeren Umbauten, hauptsächlich wurden Tische als Arbeitsplatz für den Zugführer eingebaut und ein Teil der Wagen bekam Kohleöfen zum Heizen (auf den dem Webmaster vorliegenden Fotos derartiger Wagen sind aber keine Abzugsrohre für die Öfen erkennbar). Die derart umgebauten "Donnerbüchsen" blieben aber nicht mehr lange im Einsatz, schon in den 70er Jahren wurden die letzten ausgemustert. Ende 1970 waren z.B. noch 45 Wagen im Bestand, wobei nicht ganz klar ist, ob dies noch Wagen der "Ursprungsserie" von 1964/65 waren (die dann eine Fristverlängerung bekommen hätten) oder ob ausgemusterte Wagen durch Neuzugänge ersetzt wurden.

Bekannte Wagen (nach vorliegenden Fotos):
- Cid-27 82 884 (siehe EM 10/2002, S. 33)

- Ci-28 84 264 (siehe www.epoche-3.de)

 

Die DB baute auch einige gemischtklassige Wagen (ABi, ex BCi) zu Halbgepäckwagen um, die dann als BDi eingesetzt wurden. Hierbei wurde das ehemalige 1.-Klasse-Abteil zum Laderaum umgebaut. Die Fenster bekamen Schutzgitter auf der Innenseite analog zu den Packwagen. Der Zugang erfolgte aber nach wie vor von der Einstiegsplattform aus.

Bekannte Wagen (nach vorliegenden Fotos):
- BCi-29 36 909 (siehe EM 10/2002, S. 31)

Die Wagen der DB erhielten in den 60er Jahren keine Computernummer nach UIC mehr, da sie zur baldigen Ausmusterung vorgesehen waren. Jedoch wurden die Gattungsbezeichnungen angepaßt, so wurden z.B. die Pwi jetzt als D2i bezeichnet und die Bi als B2i.

Die letzten Donnerbüchsen der DB wurden in den 70er Jahren in der Oberpfalz eingesetzt:
Auf der Strecke von Reuth (bei Erbendorf) nach Erbendorf Nord verkehrte bis 1972 eine Garnitur bestehend aus einer Donnerbüchse und einem Pwgs 41, gezogen von einer Köf III (Baureihe 332).
Auf der Strecke Falls - Gefrees fuhr noch bis 1973 der Wagen 82 777 Nür (Cid-27) mit Ofenheizung, gezogen von einer Lok der Baureihe V60 / 260. Der Wagen ist beim Bayerischen Localbahnverein erhalten geblieben.
Die drei allerletzten Donnerbüchsen-Personenwagen waren die drei Ci-28/29 84 803 Nür, 84 865 Nür und 85 466 Nür. Diese wurden bis Oktober 1976 auf der Strecke Wiesau (Oberpfalz) - Tirschenreuth eingesetzt. Gezogen wurden sie dort von einer V60 / 260, meist waren zwei dieser Wagen gemeinsam mit einem Güterzugpackwagen Pwghs 054 im Einsatz. Diese drei letzten Donnerbüchsen sind alle im Eisenbahnmuseum Darmstadt-Kranichstein erhalten geblieben.

Die Donnerbüchsen- und Einheitsnebenbahn-Packwagen hielten sich dagegen noch bis ins Jahr 1981, sie kamen zuletzt u.a. in Umbauwagen-Zügen zum Einsatz.

Die DR modernisierte ihre Wagen ebenfalls, u.a. durch den Einbau von Polstersitzen. Solche Wagen erhielten ein "p" in der Gattungsbezeichnung (Bip), ab 1967 hießen sie dann Baai. Wagen mit Traglastenabteil bekamen zusätzlich noch ein "tr", z.B. Baaitr.

Zahlreiche Wagen der DR bekamen auch neue Fenster, bei denen nur noch das obere Drittel aufklappbar war. Einige erhielten sogar komplett neue breite Fenster, wie sie auch in den Rekowagen eingebaut wurden.

Bei der DR bekamen die "Donnerbüchsen" ab Ende der 60er Jahre noch neue, 12-stellige UIC-Nummern.

Viele Wagen wurden in beiden Teilen Deutschlands nach ihrer Ausmusterung im Personenzugdienst zu Bahndienstwagen umgebaut und blieben so erhalten. Mittlerweile dürften aber keine Bauzugwagen der "Donnerbüchsen"-Bauarten mehr im Einsatz stehen.

Nahezu jede Museumsbahn in Deutschland besitzt heutzutage mindestens eine "Donnerbüchse", viele davon waren ehemalige Bauzugwagen, die mit viel Aufwand und Detailtreue zu Personenwagen zurückgebaut wurden. Komplette Züge mit Wagen dieser Bauarten sind z.B. im EM Darmstadt-Kranichstein, bei den Osnabrücker Dampflokfreunden, bei Eisenbahn-Tradition Lengerich, der Historischen Eisenbahn Oberhausen und einigen anderen Vereinen zu finden.

Auch im Ausland verblieben als Folge des 2. Weltkrieges einige Wagen, zu nennen sind hier u.a. Österreich, Frankreich, Polen, die Benelux-Länder und Norwegen.

In Frankreich (dort wurde die Bezeichnung "Donnerbüchse" ins Französische übersetzt: "boîte à tonnerre") bekamen die Wagen u.a. folgende Gattungsbezeichnungen: Bi-29 -> A6 1/2 t; BCi-28/29 -> A2 B3 1/2 t (gemischtklassig) bzw. B6 1/2 t (einklassige Nutzung); Ci-28/29/30 -> B7t. Dabei geben die Zahlen die gedachten Abteile pro Wagenklasse an, was nicht unbedingt mit der Fensterteilung übereinstimmen muß. Das "t" steht für Wagen mit Mittelgang.

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